Der folgende Text wurde vom Archivar Bren von Karun verfasst und ins Archiv der Akademie aufgenommen.
31. Tag des 5. Mondes 1019 DF
Auf der Rückreise von Ilad Galen, von welcher ich in einem anderen Reisebericht erzählt habe, kamen wir nahe an der Zwillingsmark vorbei. Zufällig, oder auch nicht, trafen wir dort auf eine Gesandtschaft aus Lorit welche unter der Führung des Tempelritter Torgar auf dem Weg in die Zwillingsmark war. Neben dem Tempelritter und seinem Adjutanten, einem Servanten Namens Makro, waren auch die bezaubernde Isana Priesterin Viola Lichtenau und jener ältere Toran Priester, welchen ich in einem früheren Abenteuer bereits erwähnt hatte, Teil der Belegschaft. Als kämpfende Verstärkung hatte Tempelritter Torgar noch einen weiteren Kämpfer der Toran Kirche mitgebracht. Schließlich war im Tross der Priester und Ritter noch Allena, eine loritische Heilerin und Kräuterkundige.
Rungard, Schwester Lisbeth, Rahab und ich schlossen uns der Belegschaft in die Zwillingsmark an, der Rest der Gruppe zog weiter Richtung Heimat.
Am Abend bevor wir die Grenze der Zwillingsmark erreicht hatten, verabschiedeten sich Menje und ihre Freunde von uns, sie würden in ein paar Tagen wieder zu uns stoßen, hätten zuvor aber noch einen Auftrag zu erledigen. So reisten wir ohne die Eisenhunde weiter Richtung Zwillingsmark und den Pilgerweg durch die Mark entlang.
Während der Reise weiter Richtung zwillingsmarker Grenze erzählte Tempelritter Torgar, dass er ein Hilfegesuch der Zwillingsjünger aus der Mark erhalten hatte. Im Winter dieses Jahres wurde in der Mark ein Nekromant und Hadralonspaktierer aufgescheucht. Wie ich später erzählt bekam, war Hadralon der Gegenspieler der Zwillinge Vanja und Calmanor, den beiden Göttern der Mark.
Der Nekromant, konnte fliehen aber der Zwillingsorden war fest entschlossen ihn aufzuspüren. Für dieses Unterfangen hatten sie allerlei Hilfegesuche in die Südlande ausgesandt. So trafen wir auf dem Weg zu unserem Ziel, der Taverne „Zur Zwillingsrast“ wie uns Torgar berichtete, auf allerlei andere Südländer.
Vielleicht ein Stundenglas vor der Zwillingsrast, wurden wir dann von zwei Vertretern des Ordens in Empfang genommen die uns den Rest des Weges bis zur Herberge begleiten sollten.
Auf dem Weg zu Taverne Zwillingsrast wurden wir dann mehrfach von Vertreter der „Wildlinge“ angegriffen. Primitive Eingeborene in braunen und manchmal auch roten Lumpen die kaum ein verständliches oder gar zivilisiertes Wort hervorbrachten. Es war sehr schnell klar, sie wollten uns in „ihren“ Wäldern nicht haben. Wie uns unsere beiden Führer erzählten, würden die Wildlinge bereits sehr lange in diesen Wäldern leben, doch erst seit kurzem seien sie so aggressiv und würden alles angreifen was sich durch ihre Wälder oder dem Pilgerweg entlang bewegte.
Wir stellten fest, dass die in Rot gekleideten Wildlinge weit aus aggressiver und wilder angriffen als die braunen und vermuteten dahinter eine Art Sonderrolle der roten Wildlinge. Groß war die Bedrohung für unsere Reisegruppe, die mittlerweile aus drei Duzend mehr oder weniger kampferprobter Leute bestand, in der Tat nur kaum, so kamen wir recht unbeschadet, mit ein paar blauen Flecken, in der Zwillingsrast an.
Dort erwartete uns bereits eine größere Versammlung und diversen Aufbauten, wie ein improvisiertes Kommandozelt und ein Schrein der Zwillingsgötter. Wir stellten fest, dass dieser Orden der offensichtlich eher militärischer als religiöser Natur war – zumindest was sein Auftreten und seine Struktur anbelangte – und dass alle Mitglieder Rang- und Namenschilder trugen. Dies würde das förmlich, korrekte Ansprechen in nächster Zeit sichtlich einfacher machen.
Man versammelte sich vor dem Schrein und die Zwillingsjünger respektive der Kommandant begann eine kurze Messe mit anschließender Ansprache zur Lage. Während der Messe stellten wir schon etwas irritiert fest, dass der Orden oder vielmehr diese Neuinterpretation des Ordens der Zwillingsgötter wesentlich radikaler, bezüglich seines Vorgehens und seinen Ideologien war, als das was uns die Eisenhunde in der Vergangenheit über die Zwillinge und ihre Kirche berichtet hatten.
Damit meine ich jetzt nicht, dass sie Verbündete Hadralons überall jagten und vernichteten wo sie ihrer habhaft wurden. Nein. Auch nicht, dass sie ihre Kirche als die einzig wahre ansahen, das taten viele Kirchen. Man hätte auch noch mit einem Schmunzeln, ignorieren können, dass sie den Glauben oder die Kirchen anderer Länder bestenfalls als Sekte oder deren Götter als Götzen bezeichneten – auch wenn dieses Schmunzeln den Vertretern der Loriter Kirche buchstäblich im Halse stecken blieb.
Vielmehr schockierte uns, dass sie alles was sie nicht für rein erachteten sofort vernichteten ohne auch nur einen Augenblick darüber nach zu denken, ob der erste Anschein bei näherer Betrachtung wirklich die Wahrheit war, dass sie Grundsätzlich davon ausgingen, dass nur sie die wirkliche Wahrheit kannten und ihnen nicht im Traum einfiel, dass sie vielleicht mit ihrer Vermutung falsch lagen.
Zwei Beispiele vom selben Abend. Um das erste Beispiel zu diesem radikalen Verhalten zu erklären muss ich allerdings kurz ausholen. Einige von uns waren im Winter dabei als der Nekromant das erste Mal in Erscheinung getreten war. Damals wurde von ihm eine arkane Maschine, die im Wald umringt von vier Runensteinen aufgestellt war, verwendet um seine Machenschaften voranzutreiben.
Diese vier Runensteine, welche die Elemente Erde, Feuer, Luft und Wasser representierten und die darin eingebundene Maschine, waren den Wildlingen heilig. Es war eine Art Gott für sie und damit nicht genug. Mehrere Leylinien, arkane Energieströme von immenser Kraft, waren in die Maschine gewoben worde. Was hatte dieser Zwillingsorden nach der Abreise im Winter getan? Er hatte die arkane Maschine entfernt. Nicht vorsichtig und behutsam, die arkanen Kraftlinien mit magischen Ritualen gelöst und wieder in eine natürliche Form gebracht, sondern die Maschine gewaltsam aus dem Konstrukt gerissen.
Auf unsere ungläubige Nachfrage hin, hatte der Magus des Zwillingsjünger stolz bestätigt, dass sie diese Kraftlinien einfach entfernt hatten. Was mit den Kraftlinien danach passierte, konnte er uns nicht sagen, es scherte ihn auch nicht weiter.
Sie hatten die Maschine ins Kommandozelt gebracht und diverse metallische Leitungen an ihr angebracht die an einen metallischen Ring gebunden waren. Der Magus erzählte uns stolz, mit leichtem Wahnsinn in den Augen, dass sie erfolgreich Versuche mit der Maschine durchgeführt hatten. Wenn sie den metallischen Ring einem Menschen um den Hals legten und ihm Fragen stellten, reagierte die Maschine mit Energiestößen wenn dieser log.
Rungard untersuchte die Maschine, was dieser offensichtlich nicht sonderlich gefiel, denn sie verschoss durch einen Kristall an der Vorderseite einen Blitz, der unversehens mich traf. Langsam nehme ich die Lichtblitze, die in irgendeiner Form von Rungard verursacht werden und mich treffen, persönlich!
Rungard fand jedenfalls heraus, dass die arkane Maschine eine Art rudimentären Verstand besaß und dass die Energiestöße die die Probanden des Ordens abbekommen hatten nichts mit irgendwelchen, angeblichen Lügen dieser zu tun hatten, sondern vielmehr eine Art Verteidigungsmaßnahme der Maschine gegen die Experimente war. Wir berichtet dem Orden sogleich, was wir respektive Rungard herausgefunden hatte und dass das brachiale Entfernen der Maschine aus ihrer vorherigen Position grob fahrlässig gewesen war. Wissen die Götter was hätte passieren können. Ungeachtet dessen, dass der Zorn der Wildlinge durchaus daraus resultierte, dass der Orden ihre Bedürfnisse und wünsche ignoriert und die Maschine einfach entfernt hatte.
Der Magus des Ordens wischte diese Hinweise und Befürchtungen mit einem: „Es ist ja nichts passiert, also haben wir keinen Fehler gemacht!“ beiseite. Ich kam nicht umhin mich an eine ähnliche Argumentation in einer ähnlich fatalen Sache, vor nicht allzu langer Zeit in Ilad Galen, zu erinnern. Davon, dass man, zumindest des Friedens willen, die Maschine den Wildlingen zurückgeben sollte, wollte der Orden erst recht nichts wissen. In ihren Augen waren die Wildlinge fehlgeleitet, primitiv und hätten damit kein Recht zu leben, schon gar nicht etwas zu verlangen. Da wir in dieser Sache vorerst nichts weiter ausrichten konnten, ließen wir es dabei bewenden.