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Die Schatten von Ilad Galen

Nach dem die im Kampf verwundeten notdürftig versorgt worden waren, bei diesem Unterfangen zeigte Menje abermals ihre fachliche Kompetenz und ihre Fingerfertigkeit im Umgang mit den Verwundeten, begannen wir die nähere Umgebung zu erkunden. Rungard analysierte das Siegel, das wie er sagte noch in Takt war, aber offensichtlich schwächer wurde. Der Grund dafür wurde alsbald gefunden, denn rings um die ehemalige Schattenquelle waren drei Kristalle positioniert worden. Diese Steine zogen, nach erstem in Augenschein nehmen, nahe Magie an und nahmen sie in sich auf. Ein flüchtiger magischer Blick ergab, dass hier offensichtlich die natürlich vorkommende Magie des Waldes, gegen einen Eindringling kämpft, welcher selbst aber auch Magie nutzte, die natürlichen Ursprungs war. Um mehr herauszufinden berührte Rungard kurz einen der Steine und ihm wurde selbst seine natürliche ihm innewohnende Magie fast gänzlich entzogen.

Man kam überein, dass man die Steine im Lager genauer analysieren wollte und ein junger Mann, der sich als ein Barde am Abend zuvor vorgestellt hatte, der selbst wohl so magisch wie ein Leib Brot war, bot sich an die Steine ins Lager zu tragen. Da er, wie er sagte nicht magisch war, sahen wir keinen Grund darin dieses Angebot auszuschlagen, er würde von den Magieraubenden Eigenschaften der Steine unbehelligt bleiben. So dachten wir zumindest. Wir waren noch nicht im Lager angekommen, als der Barde zusammenbrach. Langsamer als bei magischen Wesen aber dennoch stetig, schienen die Steine auch Lebewesen an sich ihre Kraft zu rauben. Selbst metallische Abschirmung schien nicht viel Unterschied zu machen, denn, wie wir feststellen musste konnte auch Menjes Kochtopf nichts an der Magie und Lebenskraft raubenden Eigenschaft der Steine ändern. Erwähnt sei, dass Menje nicht sehr begeistert darüber war, dass man ihren Kochtopf als Abschirmung verwendet hatte.

Bei einem Experiment durchgeführt von Romin und Inngold, wurde festgestellt, dass die Steine sämtliche Formen von Magie in ihrem Umfeld in sich aufnahmen und versuchten sie zu imitieren und unter gewissen Umständen auch wieder abgaben. Umgesetzt wurde dies allerdings mit chaotischer Magie mit welchem die Steine wohl erschaffen worden waren. Dies erklärte auch zum Teil das was Rungard im Wald festgestellt hatte, dass der Wald versuchte ebenfalls natürlich vorkommende Energie zu bekämpfen. Im Zuge dieses Experiment brachen einige andere Gäste der Taverne immer wieder bewusstlos zusammen, beeinflusst durch die chaotischen Energien mit der die Steine erschaffen worden waren.

Der Barde, den ich zuvor erwähnte hatte, meinte dann, er würde die Steine ein wenig weg vom Lager bringen, um die anderen Gäste nicht weiter zu gefährden. So dachte sich niemand etwas dabei, als der Barde die drei Steine an sich nahm und plötzlich losrannte, als wäre die wilde Jagd hinter ihm her. Erst zu spät erkannten wir, dass es ihm nicht um die Sicherheit der Taverne, sondern viel mehr um seine eigenen Interessen ging, als er am Waldrand nicht stehen blieb. Inngold war der erste der das Vorhaben des Barden erkannte und setzte ihm nach. Ich muss gestehen, ich habe Inngold nie als Athleten gesehen, zu sehr erinnerte sein Auftreten und seine Statur mehr an einen gemütlichen Priester des Björn, dem viele loriter Bierliebhaber huldigen, als an jemanden dem man zutrauen konnte zu laufen. Und wie er lief! Inngold, in seinen grauen Mantel gehüllt preschte dem Barden nach, dass es ein wahres Fest war, ihm dabei zuzusehen. So musste es zumindest den meisten anderen im Lager gegangen sein, denn alle starrten nur zuerst dem Barden und dann Inngold verwirrt hinterher. Alle bis auf ein paar in Platte gehüllte Ritter, deren Namen ich mir ob der Komplexität und länge nicht merken konnte. Sie liefen ebenfalls Inngold und dem Barden hinterher. Zugegeben, diese Ritter mit ihren schweren Schritten, machte das Bild des athletischen Magiers in grauem Kleid nur noch köstlicher. Ich kam zu dem Schluss, dass ich eine kleine Ballade über Inngold, den grauen Blitz, ersinnen musste, dieser Moment musste für die Nachwelt festgehalten werden!

Was soll ich sagen. Inngold holte den Barden ein und brachte ihn zu Fall. Als wir im Wald angekommen waren, stand Inngold bereits über dem schwer atmenden Barden, der an einen Baum gelehnt am Boden saß. Er beteuerte, dass er nicht vorgehabt hatte, die Steine zu stehlen, dass er von Einflüsterungen, die ihm alles Versprochen hatten was er sich je gewünscht hatte, wenn er die Steine zurück zum Siegel brächte, übermannt worden war.

Die Steine hatten sich indes zum Teil verändert, genau gesagt waren zwei der Steine gewachsen, einer der beiden sogar um ein Vielfaches. Man überlegte die drei Steine wieder einzusammeln um sie zurück ins Lager zu bringen. Wir wogen das Für und Wider ab, doch bevor eine Entscheidung getroffen worden war, wurden wir unversehens wieder von Schattenkreaturen und einer Schattenherrin angegriffen. Auch dieses Mal obsiegten wir, doch leider konnte eine der Kreaturen mit einem der drei Steine fliehen. Wie wir feststellten, nutzte diese Kreatur den entwendeten Stein dazu, das Siegel der dunklen Quelle endgültig zu brechen. Das Siegel war zwar nicht vollends zerstört, doch der Bruch war groß genug um wieder Dunkelheit – wie im Jahr zuvor – auszuspeien.

Die Steine mussten vernichtet werden, doch wie? Mehrere Stimmen wurden laut, die Steine mit Hammerschlägen oder ähnlichen brachialen, tumben Mitteln zu vernichten, doch wir Magier waren entschieden gegen diesen Vorschlag. Kristalle die fortwährend allerlei – zum Teil auch entgegengesetzter – Magie in sich aufnahmen und nicht wieder abgaben mit roher Gewalt zu zerstören, war blanker Wahnsinn, zu unvorhersehbar waren die Auswirkungen. Im schlimmsten Fall würden wir halb Ilad Galen vernichten, im besten Fall nur diesen Wald. Egal wie, wir würden dabei auf jeden Fall umkommen und ich persönlich war noch nicht gewillt dem Herrn Toran zu begegnen, zu viel hatten mir die Welt und zu viel hatte ich der Welt noch zu bieten.

Zurück im Lager, die Steine verblieben einstweilen unter den wachen Augen von Pry und dem trägen Blick des LLW Veteranen im Wald, tauchten ein paar Runenkarten auf, welche die Wirtin in der Speisekammer gefunden hatte. Wir vermuteten sogleich ein neuerliches Komplott oder zumindest einen neuerlichen Versuch uns zu vergiften. Mit der Hilfe meiner Magie konnte ich die Geschichte der Runenkarten allerdings schnell ergründen und stellte fest, dass diese Karten abends zuvor gezeichnet worden waren und dem Koch – welcher des Lesens offensichtlich nicht mächtig war – zu helfen die Ingredienzien der Malzeiten auseinander zu halten.

In der Sache der Schattenkreaturen, kamen wir zu dem Schluss, dass wir zuerst die Quelle an sich wieder versiegeln und uns im Anschluss daran um die übrigen Kristalle kümmern sollten.

Zurück im Wald begannen Romin und Rungard, als unsere erfahrensten Magier damit den Riss im Siegel zu verschließen. Romin würde das Ritual durchführen, Rungard ihn dabei sichern. Die Dunkelheit, die aus dem Riss entweichen konnte, schien auf eine gewisse Weise vernunftbegabt zu sein, denn sie versuchte Rungard abzulenken und immer wieder aus verschiedenen Richtungen anzugreifen. Der geneigte Leser könnte nun die Frage stellen, was der Rest von uns getan hat. Nun, Romin und Rungard hießen uns, wir sollten zu der Dunkelquelle Abstand halten um das Ritual und Romins Konzentration nicht zu stören. Sollte von irgendwoher die Schattenkreaturen angreifen, sollten wir diese beschäftigen. Schließlich konnte die Dunkelheit, die aus dem Riss quoll, Rungard durch eine gelungene Finte ablenken und sich Romins bemächtigen, worauf dieser zu seinen Waffen griff und auf uns los ging. Zeitgleich tauchten mehrere Schattenkrieger, wieder kontrolliert von einer Schattenherrin, auf die uns ebenfalls angriffen. Ein wilder Kampf entbrannte, in dem wir knapp aber doch obsiegen konnten. Kaum einer von uns kam ohne Blessuren davon und Menje hatte alle Hände voll zu tun, die zum Teil schwer verletzten Kämpfer zu versorgen.